Mein Erwerbsleben als Lehrerin war zu Ende. Ein Arbeitszimmer mit circa 60 Aktenordnern und 2 Schreibtischen wollte aufgelöst werden. Tausende von Blättern waren aus den Folien zu ziehen, die Ordner umweltgerecht und „nachhaltig“ zu entsorgen, ebenso die Bücher und es gab – nicht zuletzt durch Corona – jede Menge Zeit zu Hause, die neu gefüllt werden wollte. Das Beitragsbild oben (ein Aquarell, das ich auf der Seite Aquarell-idee.de schon gezeigt habe, siehe link) malt das Inferno der Ordner aus (tatsächlich handelt es sich ja nur um einen kleinen Teil).
Beim Aussortieren der Arbeitsblätter hing ich entweder Erinnerungen nach („Mensch, das konnte man damals noch machen!“ oder „So ein Schwachsinn, das geht vielleicht noch in der Dorfschule in Pussemuckel“) oder ich fragte mich, was man mit dem Material kreativerweise noch anstellen könne. Mir fiel wenig ein und ich wäre schon bereit gewesen, mich mit fremden Federn zu schmücken und googelte stundenlang. Taschen aus Ordnern? Gut, aber zu aufwendig und zu schwer zu schleppen. Lampen? Geht, aber nicht besonders zweckdienlich. Schlüsselbretter? Möbel? Wenig attraktiv! Das Googeln hätte ich mir sparen können (außer vielleicht, was die alten Holzschubladen der Büro-Schreibtische betrifft, die warten immer noch auf eine Verwendung als Dielenregal). Herausgekommen ist schlussendlich aber Folgendes: Im ersten Bild dienen die Ordnerrücken als Rähmchen, in die ich zerschnittene Aussagen zu den Themen Sammeln, Besitz und Minimalismus steckte.

Die alten Reclamheftchen im folgenden Bild, die teilweise seit meiner Schulzeit vor sich her dümpelten, konnte ich nicht wegwerfen. Die hatten Kultstatus. Manche hatte ich ja tatsächlich mit einem Wust an Unterstreichungen und Randbemerkungen versehen. Salinger. Werther. Don Juan. War wohl doch mal fleißig und wenigstens partiell bildungsbefissen. Ich wurde ich im Netz fündig und faltete und faltete und faltete:

Monotone Tätigkeiten sind durchaus heilsam und schaffen Abstand. „Arbeiten ist nicht alles im Leben“, „Nichts ist beständiger als der Wandel“ und „alles im Fluss“ sind Sprüche, die einem in den Sinn kommen. Was mache ich eigentlich, wenn ich all die Arbeitsblätter nicht mehr brauche. Wo könnte es lang gehen? Kümmere ich mich dann um etwas mehr Entspannung und Gesundheit?
Am Meer, Acryl auf Aktenordnerdeckel Spring, Acryl auf Aktenorderdeckel

Nicht nur ich verändere mich, sondern auch die Umwelt.
Klimawandel (verkauft)
Ich habe das Bild Klimawandel genannt, aber eigentlich hatte ich „das Leichte und das Schwere“ im Sinn. Im Himmel oben wurde die Acrylfarbe wie Aquarellfarbe verwendet. Der Himmel ist leicht und licht, während sich unten zunehmend dunklere Gesteinsmassen sammeln. Ich arbeitete mit Folie, Föhn, Lasuren und laufender Farbe, die dann zum Titel des Bildes führte.
Selbst Steine werden zu Sand.

Menschen verändern sich. Sie ziehen sich Vorstellungen heran, kauen sie gedanklich weich und blasen ihre schönen Illusionen auf, die dann aber irgendwann doch – vielleicht – wenn sie zu groß werden – zerplatzen müssen.
Malstile verändern sich. Hier zeige ich eine Nachempfindung von Cezannes „Stillleben mit Marmoruhr“ und dessen Metamorphosen während meines Malprozesses.
Und manchmal bringt einen einfach ein Zufall auf eine neue Idee. Da geschieht ein Missgeschick oder man kippt einfach Farbe auf die Leinwand und alles fügt sich zu einem neuen Gedanken oder Bild.

Stefanie Wind und ich organisierten in ihrem Atelier im Güterbahnhof in Brühl eine gemeinsame Ausstellung. Das Bild im Eingangsbereich „Rosa Mond“ rechts zeigt eine Gemeinschaftsarbeit, die durch den mehrfachen Austausch des Bildes entstanden ist.

siehe auch: http://stefanie-wind.de/